Auslandseinsätze | Voraussetzungen
Einsatzstärke Equipment Einsatz wieder zuhause so machen wir es |
Voraussetzungen Einsätze in Bebengebieten sind mit nichts zu vergleichen was man als Suchhundeführer aus regionalen Einsätzen kennt. Nicht einmal größere regionale Katastrophen sind damit vergleichbar. Kommt es bei uns zu einer Katastrophe, so stehen binnen kürzester Zeit starke Rettungskräfte mit allen erdenklichen Bergungsmaterialien zur Verfügung. Verpflegung und Unterbringung der Helfer sind gewährleistet, für die ärztliche Versorgung der Verletzten ist ausreichend Platz in den nächstgelegenen Krankenhäusern. All dies gibt es im Ausland nicht, bzw. nur in sehr eingeschränktem Maße. Dies bedeutet für die Suchhundeteams, daß sie vollkommen autark arbeiten können müssen. Neben der entsprechenden Ausbildung unter realitätsnahen Bedingungen, bei der gezielt auf Improvisation hin ausgebildet werden muß, müssen viele weitere Punkte bereits im Vorfeld abgeklärt und gesichert sein. 72 Stunden, die den Helfern bleiben um Verschüttete zu retten, sind ein so enger Zeitraum, daß keine Zeit verschenkt werden darf. Hierzu gehören ist erster Linie folgende Punkte:
Einsatzstärke Bei der geplanten Einsatzstärke sind ebenfalls bereits im Vorfeld einige Fragen abzuklären:
Wir selber gehen beim Zweck der Equipe davon aus, daß innerhalb der 72 Stunden Frist möglichst viele Verschüttete geortet werden sollen, bei der Bergung mit einfachen Hilfsmitteln geholfen werden soll und eine Erstversorgung geleistet wird. Nun gibt es inzwischen Überlegungen, daß eine reine Ortung sinnlos ist wenn es nicht auch zu einer Bergung kommt. Aus diesem Grund laufen die Bestrebungen dahin, daß Auslandseinsätze zusammen mit dem THW und deren Bergungsmaterial durchgeführt werden sollten. Diese Überlegungen haben durchaus richtige Ansätze, jedoch auch einige Haken. Geht man diesen Gedankengang zuende, muß zwangsläufig auch an die ärtzliche Versorgung der Opfer sowie an die Versorgung der Überlebenden gedacht werden, bis hin zum Wiederaufbau. Der Haken dabei ist und bleibt leider die 72 Stunden Frist. Deshalb schicken wir nur 5-6 Teams als Vorausequipe in das Bebengebiet. Diese Anzahl an Teams und die Menge des benötigten Materials (3-4 Kisten plus Rucksäcke der Teams) läßt sich in jedem Linienflugzeug kurzfristig transportieren sowie im Bebengebiet problemlos mit einem Helikopter oder Bus weiter transportieren. Eine größere Anzahl an Helfern (ca. 50) setzt meist eine eigens gecharterte Maschine voraus und es muß am Zielflughafen der entsprechende Weitertransport geregelt werden. Da meist die Infrastruktur im Bebengebiet zumindest teilweise zerstört ist, gestaltet es sich entsprechend schwierig Busse und Lastwagen zu organisieren. Ein Zeitfaktor welcher nicht unerheblich ist. Innerhalb von max. 10 Stunden nach einer Bebenmeldung im Katastrophengebiet in solcher Stärke einzutreffen ist unmöglich, sodaß es sinnvoller ist eine Vorausequipe loszuschicken, deren einzigste Aufgabe die Ortung ist und im Nachhinein eine größere Suchmannschaft incl. des Materials nachzuschicken.
Equipement Wie schon erwähnt müssen die Suchteams im Bebengebiet vollkommen autark arbeiten können. Es darf einfach nicht damit gerechnet werden das irgendetwas zur Verfügung gestellt wird. Die Menschen im Bebengebiet haben andere Sorgen als sich um die Belange eines Suchhundeteams zu kümmern und vieles funktioniert ganz einfach nicht mehr, auf das man gewohnt ist zurück zu greifen. So muß das Equipement der Staffel mindestens folgende Dinge enthalten:
Was nun genau in die Kisten kommt wird jede Staffel individuell für sich selber zusammenstellen. Es empfiehlt sich aber für Staffeln die noch keinen Auslandseinsatz gemacht haben mind. 2-3 mal eine mehrtägige Übung zu machen bei der nur auf den Inhalt der Kisten zurück gegriffen wird - nur so merkt man sehr schnell was überflüssig ist und was vergessen wurde.
Einsatz Einsätze im Bebengebiet bedeuten für die Teams extreme Belastungen vielfältiger Art. Neben der Hilflosigkeit bei der Ortung eines Verschütteten ohne ihn bergen zu können, der permanenten Angst des Hundeführers vor Nachbeben während der Suche in Gebäuden, der Angst um den Hund, der vollkommenen Übermüdung über Tage hinweg, den Eindrücken verzweifelter, schreiender Angehöriger stehen absolute Freudentaumel bei der geglückten Bergung eines Opfers. Gefühle von denen sich kein Hundeführer, selbst bei noch so guter Stressbewältigung, frei machen kann. Zudem gilt vieles der gewohnten regionalen Trümmereinsätze hier nicht mehr. Anscheinden stabile Mauerteile können von einer Sekunde auf die andere einstürzen weil es ein Nachbeben gibt. Eben noch intakte Fensterscheiben in tausenden von Glasscherben auf den Hund zurasen weil es wieder bebt. Sicherheitsabstände zu Gebäuden lassen sich nicht einhalten wenn man suchen will. Strom, Gas, Wasser sind sicher nicht abgestellt und andere Gefahrenquellen lassen sich erst garnicht lokalisieren. Wer, wo, wann sich wahrscheinlich aufgehalten hat als es bebte, niemand weiß es. Es werden nicht wie gewohnt die Trümmer von den Helfern verlassen bevor der Hund sucht, er muß zwischen ihnen seine Arbeit machen, suchen wenn Meter nebendran Leichen halb ausgegraben liegen. Die Sucheinsätze des Hundes dauern den ganzen Tag und nicht wie üblich mal eben eine halbe Stunde. Kaum hat man eine Pause fordern die Angehörigen verzweifelt dazu auf im nächsten gebäude weiter zu suchen. Keine Straße ist abgesperrt, man arbeitet neben dem mehr oder weniger fließenden Verkehr. Arbeitet in sehr labilen Gebäuden in denen jedes Kabel Strom führen kann, man jederzeit von einem Nachbeben überrascht werden kann. Ringsrum Militär die Menschen mit aschfahlen Gesichtern zurück halten.Der Hund darf aus religiösen Gründen Leichen möglichst nicht berühren. Fast in jedem Gebäude in dem man arbeitet findet man schwarze, graue Leichen, meist sogar nur Leichenteile und der Leichengeruch frißt sich fest bis in die Suppe die man abends isst. Diese psychischen Belastungen führen irgendwann zu Fehlern. Man vergisst den Helm nach einer Pause wieder aufzusetzen, hält ein Gebäude für stabil und vergisst die Gefahr des Nachbebens, sieht die Stromleitung nicht unter der man eine Pause macht etc. Hier ist die Gruppe gefragt, weshalb die Teams immer zumindest zu zweit zusammen arbeiten sollten. Jeder arbeitet hier über seinen psychischen und physischen Möglichkeiten. An schlafen ist während des Einsatzes meist nicht zu denken, jedenfalls nicht in der gewohnten Form. Die ersten Tage arbeitet man meist komplett durch, erst dann ist stundenweise an etwas Schlaf zu denken. Erholung bringt dieser jedoch nur ein klein wenig. Es gibt kein Wasser zum waschen, keine Dusche, keine Möglichkeit die vor Dreck stehende Kleidung zu wechseln. Selbst auf ein Klo zu gehen ist meist nicht möglich und wenn dann höchstens zu den landesüblichen Bedingungen. Auf gut deutsch - irgendwann fühlt man sich nicht mehr so wohl in seiner Haut und würde am liebsten das nächste Taxi rufen um ins Bett zu kommen. Und trotz allem hat eins immer Vorang - der Hund. Seine Erholungspausen, sein Futter (viele Hunde fressen oder trinken am ersten Tag nichts, deswegen immer Elektrolytpaste in der Tasche haben), seine körperliche Konstitution ist das Wichtigste, wie man sich selber fühlt ist nebensächlich. Auch Spannungen in der Gruppe können verstärkt auftreten, hier ist der Einsatzleiter gefragt. Klare sachliche Entscheidungen, die dem augenblicklichen Können des Teams entsprechen, sind absolut notwendig. Wichtig ist für alle den Kontakt nach Hause aufrecht zu erhalten, es empfiehlt sich aber nicht alle Handys die ganze Zeit an zu lassen, sondern nur eins und die anderen Nummern auf dieses jeweils umzuleiten ( wichtig wenn keine Stromversorgung möglich ist da ansonsten die Akkus sehr schnell leer sind). Nach 5-6 Tagen sollte eine Ablösung der Teams erfolgen, bzw. der Einsatz abgebrochen werden. Geht man von 72 Stunden Überlebensfrist aus so sind nach 3 Tagen die Überlebenschancen minimal geworden, es gibt jedoch bei jedem Beben Menschen die länger überlebt haben. Es ist jedoch den Angehörigen der Verschütteten immer auch ein starkes Anliegen daß die Leichen gefunden und gezielt geborgen werden (Türkei 99 immer noch ca. 30.000 Vermisste außer den geborgenen Toten). Aus diesem Grund sollte bis zum 5-6 Tag nach dem Beben gesucht werden. Nach dieser Zeit dürften jedoch auch optimal ausgebildete Teams ihre Grenzen soweit überschritten haben, daß eine Ablösung dringend notwendig ist.
Wieder zuhause Jeder Hundeführer nimmt die Eindrücke des Einsatzes mit nach Hause und jeder versucht auf seine eigene Art und Weise damit zurecht zu kommen. Während in den ersten Tage nach die Müdigkeit und das wieder Eingewöhnen in den Alltag vorrangig sind, kommen spätestens nach einigen Tage die Träume und Gedanken bleiben an Augenblicken haften, die einen starken Eindruck auf den Hundeführer gemacht haben. Neben vielen Gesprächen mit Menschen denen man vertraut sollte eine mehrfache Nachbesprechung innerhalb der Staffel (damit ist weniger eine Nachbesprechung der Einsatztaktiken sondern eher das Reden über die Gefühle während des Einsatzes gemeint) unter Mithilfe eines Seelsorgers / Psychaters selbstverständlich sein. Allein die Gespräche untereinander sind deshalb schon hilfreich weil ersichtlich wird, daß auch die anderen auf bestimmte Situationen gleich oder ähnlich reagiert haben und daß jeder so seine Probleme mit dem Verarbeiten hat. Bestimmte Dinge wie z.B. der Leichengeruch oder das Gefühl von Nachbeben werden jedoch trotz der Gespräche noch einige Zeit präsent bleiben.
Bereitschaft der SHS Mit unseren begrenzten Mitteln haben wir es folgendermaßen gelöst: Sobald wir eine Bebenmeldung stärker als 6.5 aus dem europäischen, nordafrikanischen oder kleinasiatischen Raum erhalten, werden unverzüglich die 5 Teams der SEG,sowie ein Helfer (nach Möglichkeit auch ein Dolmetscher) in Bereitschaft gesetzt. Das notwendige Equipement ist ständig abholbereit und umfasst folgendes (3 Metallkisten):
Die persönliche Ausrüstung haben die Teams immer zuhause bereits fertig gepackt und umfasst folgendes:
Eine Flugmöglichkeit innerhalb des o.g. Raumes mit einer Linienmaschine ist abgeklärt und jederzeit möglich. Innerhalb von 1 Stunde sind die Teams abflugbereit. Je nach Anfahrtsstrecke zum Flughafen (Basel, Zürich, Stuttgart oder Frankfurt) sind die Teams innerhalb von 2-5 Stunden am Flughafen und fliegen somit je nach Flugplan frühestens nach 3-4, spätestens nach 6-7 Stunden ab. Der Zielflughafen wird in unserem Einsatzgebiet spätestens nach 4 Stunden erreicht. Für die Anfahrt ins eigentliche Bebengebiet müssen nochmals 3-4 Stunden gerechnet werden. Letztendlich erreichen die Teams nach 10 - 15 Stunden das Einsatzgebiet und können dort unverzüglich mit der Arbeit beginnen. Rechnet man bis zur Alarmauslösung 2 Stunden nach einem Beben verbleiben 60 - 55 Stunden bis zum Ablauf der 72 Stunden Frist. |